Donnerstag, 27. Februar 2020

Seite 10 - Die himmlische Gebär-Mutter
























{Rest des letzten Satzes von Seite 9: Tiefer hinein ins Gemüth ist nun der Ort, wo die himmlische Sophia durch die Gestalten der Natur, durch Finsterniß, Feuer und Luft, im Wesen oder himmlischen Leiblichkeit sich ausgebohren, und in ihrem Spiegel Vater und Sohn, Feuer und Licht, in einem göttlichen Wesen umfaßet, und in diesem Spiegel oder Sophiam, gehet nun der Willen-Geist aus der Stirn durch Immagination ein, denn er ist der ewige Aufschließer im Menschen, und so bald er die göttliche Wesenheit also aufgeschloßen und die Sophiam in seiner Immagination hat, so zündet er weiter hinunter den Geist der feurigen Begierde, aus dem urkundlichen Seelen-Grund, mit der Weißheit an, das ist, er küßet den Geist der feurigen} 
Begierde (den ersten Feuer-Mann und Bräutigam Sophia) beides, in sich, als in seinen Brüdern, in der Harmonie des Geistes; und damit brennet die göttliche Liebe im Feuer, und steiget die nunmehro feurige Liebes-Begierde also recht aufwärts in die himmlische Jungfrau der Wesenheit, und zündet die himmlische Gebär-Mutter an, das ist, er schwängert sie mit seiner starken Liebes-Flamme, und führet sein und der Brüder Anliegen in die Mutter ein.

Diese combinierte feurige Liebesbegierde dringet durch alles Halten des Feindes durch, zerbricht alle Finsterniß, und schließet die Gebär-Mutter auf, da der Seelen-Geist nimmt, und ihm nichts versaget wird, was er bittet, es sei was es wolle. Math. 18.
Und damit spricht Gott mit dem Verbum fiat* Seines Sohnes, das Amen in unser Gemüth.
Damit zieht die Seele ab, und die Creatur ist der göttlichen Erhörung in sich gewiß, stehet mit Freuden von den Knien wieder auf, und nimmt ihre äußere Verrichtung zur Hand; die Turba** kann sich nicht ins Gemüth dringen; unser Geist aber muß in den Schranken Gottes bleiben, und sich keine Freiheit im Sp. M. [spiritus mundi***] nehmen. Denn da ist die Turba, dafür die Jungfrau fliehet. Aus diesem könnt ihr abnehmen, das Beten kein sinnlich Werk. p. 
d.d. 28. Jan. 1708. p. 

Und unser Geist nun in der Höllen wohnen kann ohne Brennen, weil er sich allezeit, wie zuvor in den untersten Theilen der Seelen im finsteren Gemüth (welches die große Tiefe heißet) gebären und anzünden muß, welches geschiehet in allen Gebeten, so oft der Seelen-Wille sich in Gott einführen will, und die Begierde erwecket, welche mit ihrem Anziehen der Stachel der Finsterniß in den Eßentien machet, davon die Eßentien in solche große Unruhe kommen, und sich aus dieser grausamen Tiefe, worin sie gerathen, schwingen wollen, und doch kein Entfliehen ist, weil Christi Tod darin stehet, wie gedacht;
Anfang des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird:
Dies ist das große Angst-Rad, welches sich aus der Finsterniß ausgebieret, {...}

*) verbum fiat = das göttliche Schöpfungswort ("es werde...")
**) Turba = Turba Philosophorum, einer der ältesten lateinischen Texte der Alchemie
***) spiritus mundi = der Weltgeist, Begriff aus der Alchemie

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