Freitag, 19. Juni 2020

Seite 27 - Ausbrüche der widrigen Qualitäten























{Rest des letzten Satzes von Seite 26:} sie auch von außen scheinen.
Die Lieb aber hat dieses Feuer für uns ausgestanden, und ist im Glauben die lieblichste Temperatur p.p.

So viel man sich im Willen an Gott übergiebet, so vieles giebet er uns von seinem Geiste. An übergebenden Willen ist alles gelegen, das ist das erste und das letzte am A. B. C. Christi in der Schule der Weißheit p.p.

Die Principia wohl zu unterscheiden hält alles innen, was uns in unserem Gemüthe, in unserem gantzen ? [unleserlich] der neuen Geburth zu Handen kommt, und stehet unser kindlicher Geist des Gebets darin gewestet, denn so bald wir denen Ausbrüchen der widrigen Qualitäten in unserem Willen anheben zu wehren, so errägen wir also bald Krieg, denn der Satan, der im Feuer-Grund und äußeren Gestirn sein Regiment und Sitz in uns hat, wird geallarmiret*, und setzte mit aller Macht von innen und von außen aufs Gemüth zu, wodurch wir angestrenget werden, und keine Ruhe haben, weder im Fleisch oder Beinen**, müßen uns aus uns selbsten aus aller Natur, in den übernatürlichen Grund in Gott erheben, und nach seinem Helfer in der Noth uns umsehen, als nemlich mit denen Lichts-Käften unser Gemüth schwängern, bis wir dieselbe durch unaufhörlich Gebet in uns Wesendlich worden, und damit im Gegengewicht wieder den Zorn stehen, und den Satan überwegen können, damit wird die Tiefe des Gemüths dann gantz lauter und helle, da die Principia wieder in ihre erste Ordnung, darinnen sie anfänglich stunden, gebracht werden, nicht in solchem Streit, sondern in einem freundlichen Liebe-Willen, da eine Gestalt, die andere zu ihrer Speise und Stärke einißet, und in solcher Harmonie die göttliche himmlische Tinktur worinnen Paradeiß und Wonne stehet, wieder ausgebähren.
Zuvor in währendem Kampf, muß sich die Seele im Feuer vom Teufel tapfer kratzen und peitschen laßen, damit sie ihres verborgenen Gifts, auch bösen Thiere im Äußeren los werden, und rein ausgebrandt in Gott gehen könne.
{Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: Weil im Feuer die eßentialeste Reinigung}

*) = alarmiert 
**) = Bein im Sinne von Knochen

Dienstag, 9. Juni 2020

Seite 26 - Das vollkommenste Gebet























{Rest des letzten Satzes von Seite 25:} einladen, auf daß ihr Liebe zueinander bekommt, und euch im Äußeren aneinander nicht verunbildet oder ärgert p.p.
d.d. 17. Sep. 1709 p.

Wir zünden in einem Hertzen an in der Liebe, wodurch die Jungfrau beweglich wird, das heißet: wo ihrer 2 oder 3 sich versammeln in einem Geist, und im Gebet Simphoniren, da bin ich in ihrem Mittel p.p.

Ihr erfahret nun in der That, was die die Gemeinschaft der Gläubigen in Christo zu thun vermag., und wann ihrer 2 oder 3 zusammen bitten, welch Gebet durch Hölle Zorn und Grimm durchdringet, und damit ist El. dann in das Bündlein der Lebendigen versammlet; haltet nur am Bande fest, so soll euch kein Satan vom Leibe Jesu Christi welcher ist seine geistliche Glieder hier auf Erden, in Ewigkeit reißen können p.p.
Ihr erfahret nun in der That, was die die Gemeinschaft der Gläubigen in Christo zu thun vermag., und wann ihrer 2 oder 3 zusammen bitten, welch Gebet durch Hölle
Das vollkommenste Gebet und Opfer vor Gott ist: Vater nicht mein, sondern dein Wille geschehe.
Wir salben und saltzen unsere Opfer allhier (mit der Noth der Brüder und Schwestern) mit der Unannehmlichkeit des Willens, womit wir uns heiliglich im Feuer des H. Geistes anzünden, da wir die Kraft dieses Salb-Öls und Saltzes der Weißheit von Gott nichts in Selbheit begehren. Unser Begehren ist ein Nicht-begehren, sondern ein übergebenes Liebe-Wollen, womit wir uns Gott geben, und Ihm Sein Hertz brechen, daß Er uns giebet, mehr wir wollen noch verstehen p. Wir müssen Gottes Feuer mächtig anblasen in unserm Glauben, und das Satans-Feuer den Drachen, damit auslöschen, welcher der Liebe in der Opposition gestanden. An diesem hänget die Sieges-Crone, und erndet man einen Geist, je nach dem man in einem Feuer brennt p.p.
Gottes Hunger ist ein Feuer: wenn er nicht Glauben findet, woran er sich in der Seele sättigen kann, so greifets ein, und brennt bis in die unterste Hölle, da alle des Menschen Werke im Feuer bleiben, wie schön {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: sie auch von außen scheinen.} 


Donnerstag, 4. Juni 2020

Seite 25 - Die Harmonie des Geistes






















{Rest des letzten Satzes von Seite 24:} ihr mühseelig und beladen seid, ich will euch erquicken p.p.

Im ewigen oder inneren Grunde, stehet man in Gesellschaft aller Kinder Gottes, beides die nahe und ferne sein in Christus, worin der himmlische Lehrmeister, der H. Geist, dann das verborgene Buch unserer Menschheit aufschließet, und offenleget, wo wir die ewige Lection Seelen und Geistes recitiren¹ und aufsagen müßen, wo alle Menschen in der ewigen Tinctur in einander stehen, als ein Mensch, und die Ergäntzung im Geiste Christi im Vater ist, des Bruches und Rißes, welchen wir in Adams Fall empfangen; dahero man nicht mehr privatim für sich beten kann, als im äußeren Geist geschehen, weil sich Gott nicht von seiner Menschheit theilen läßet, Er ist nur ein Gott in Allen, die gantze Menschheit eine Menschheit: Also stehet man in Christo wieder in dem Gantzen, wo der himmlische Vater Seinen Sohn dann in unserm Geist gebierte, als die Licht-Welt p.

Also müßet ihr nun mit unsern Brüdern bei euch, eures Geistes Eßentien in der Liebe schärfen, und an dem Stein des Anstoßes Jesu Christi nur Hertz einziehen, darin leuchten, und sich lieblich darin ausgebähren, als in der Harmonia eures Geistes mit den Brüdern, und euch aller euer Bitte gewähren; welche Verborgenheit uns Gott im Anfang aufgeschloßen, wie die Jungfrau unserm Geist im Gebet aufging, und das göttliche Oraculum zu mir sagte: du mußt nur auf diesem Wege der H. Nachfolgung Christi nicht mehr in deinem Geist allein beten, sondern als ein göttlich Instrument deines Geistes Saite mit denen Saiten deiner Brüder in dir zusammen faßen, und schlagen, auf daß eine göttliche Harmonie und Sinfonie werde, so will ich dir all deine Gebäte ausgebähren; keinen andern Ton nimmt Gott ein!
Welches Wort des göttlichen Raths und Willens, durch alle Involutionen² des Zorns und Grimms, nun in seiner höchsten Erfüllung sich ausgebieret, wo der Geist Gottes in den Gebeten, auf dem wohl zugerichteten brüderlichen Instrument das Lied des Lammes nun völlig anstimmet; so die rechte Braut-Musik der Bräute des Lammes ist, zu welcher Hochzeit wir euren Geist dann {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: einladen, auf daß ihr Liebe zueinander bekommt, und euch im Äußeren aneinander nicht verunbildet³ oder ärgert p.p. 

¹) rezitieren = ablesen
²) Invoultion = Rückbildung
³) verunbilden = veraltet für beleidigen

Freitag, 29. Mai 2020

Seite 24 - Berge der Trübsal






















{Rest des letzten Satzes von Seite 23:} das Principium, dem man sich im ringenden Lebens-Rad ein geben: daßelbe Gestirn füget dem Menschen, daß der Mensch das Principium Willen führet, das andere ist ihme verschloßen.
Denn ein jedes Principium sein eigen magisch Gestirn in sich hat, es sei im Licht oder Finsterniß, so eine Sucht ist, so den Geist infectiret.
Warum wir nicht im Sp. M. müßen, sondern durch den Luft- und Feuer-Grund durch, zu Gott eindringen, daß unser Geist das himmlische Feuer der göttlichen Tinctur im Blut Christi erreichen; darin haben wir ein fix Gestirn, so lauter göttliche Kräfte in der Seelen sind, die nicht nur die unteren Himmel bändigen, und in ein Paradeis verwandeln können, sondern auch ein Auge der göttlichen Weißheit sind, so unsere gantze Tiefe durchleuchtet, und den Satan auswirft, dahero Böhm saget, daß wir nicht Thiere sein müssen, sondern über das äußere Luft, und innere finstere Gestirn herschen müßen, sonst sey all unser Thun eitel p.p.
d.d. 3. ?br. 1705

Was anlanget Ernst und Gelaßenheit, so ihr in denen mistischen [mystischen] Schreibern nicht einigen könnt, hoffen wir, die Erfahrung soll euch wohl die Balance im Gemüth zeigen, nach dem Spüch-Wort, Noth lehret beten, da alles historische Wißen im Feuer hinfället p.p.
d.17. Aprill 1700

El. wird überhaupt Anlaß finden, wie sie ihr Gemüth in sich recolligiren*, und Sinnen und Gemüth in eines versammeln können, worin unser Wandel mit Gott stehet. Wo er sich mit seinem Geist der Kraft der Seelen offenbaret, und ihre Gebete erhöret, welche Versammlung Gemüths und Sinnen kein äußer natürlich Werk, wo man sich par farce** Sinnlos machen will, mit Erstarrung des äußeren Thier-Menschens, gleich die Vernunft, doch alles nachmachen will, was die siehet den inwendigen Geist thun; Nein! Es ist ein Ausgehen aus sich selber, wo die Seele mit Bergen der Trübsal beladen ist, wo sie zu ihrem Retter eingeht und Hülfe findet, da er heißet: Kommt her zu mir alle, die {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: ihr mühseelig und beladen seid, ich will euch erquicken p.p.}

*) recolligieren = erholen
**) per farce = durch eine Farce

Donnerstag, 28. Mai 2020

Seite 23 - Die sanfte Qual























{Rest des letzten Satzes von Seite 22:} und eigenen Würken.
Es ist ein Feuer-Rad, da aller dreier Prinzipien Geist als ein Geist im Gebet in einander ist; aber da im Bewegen, einer aus dem anderen gehet, und einer dem anderen giebet. Ein jedes Principium will im Bilden Primas sein. Der äußere Geist dringet vor, und daran muß der Wille unannehmlich i.e.* gelaßen sein, wegen des Grimmen-Stachels, der drei ersten Gestalten, worin die Turba**, darauf folget der erste Feuer-Geist des ersten Principii, daran muss der Wille abermal unannehmlich sein, weil in seiner Anzündung der Quahl-Wurm des finsteren Abgrunds ist, welcher ebenfalls zu rauh, und wovor die Jungfrau fliehet; damit ist die Eigenheit dann zugesiegelt.
Zuletzt kommt der innere Lichts-Geist, der anderen Principii, die sanfte Qual der der großen göttlichen Demuth, und diese ist der Schlüssel, welcher die Jungfrau der himmlischen Gebärerin öffnet; Er ists auch, der mit aufgedecktem Angesicht in den jungfräulichen Spiegel schauen kann und mag, und durch den Inneren auch in den Äußeren.
An diesen sanften Qual-Geist haben wir uns all die Zeit von 21 Jahren gehalten p.p.
d. 3ten Apr. 1707

Weme Gott die Inwendigkeit aufschließet, der findet, daß die Principia in voller Erndte stehe, und mächtig in die Scheuren** einfahren; seelig ist, wer Gott über alle Dinge aus gantzem Hertzen, Seelen und allen Kräften liebet, und Ihm anhänget, und sein H. Licht zum Führer hat, weil die Principia sehr nahe in einander stehen, die den Geist mit einem Gedanken verrücken können, dahero stetiges und ernsthaftes Gebet und wachen nöthig ist, daß uns Gott vor guter Meinung bewahre; denn wenn wir uns nicht selbst Wege in der Vernunft machen müßen, darin Gott dienen zu wollen, sondern uns in Gottes Regierung mit Hertz und Seelen, beides inwendig und auswendig übergeben, damit uns Gott auf den Weg des ewigen Lebens bringen möge, sonst machen wir nichts Gutes, unser Thun hat auch keinen Bestand, sondern zerbricht mit der Zeit.
Wie wir denn genugsam befinden, an vielen Gemüthern, so im Anfange große Eiferer gewesen, jetzo aber stehet ihr Ofen nicht nur Eiskalt, sondern sind beides ihnen selbst als andern ein rechter Ekel, das macht {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: das Principium, dem man sich im ringenden Lebens-Rad ein geben: daßelbe Gestirn füget dem Menschen, daß der Mensch das Principium Willen führet, das andere ist ihme verschloßen.}

*) id est = das heißt
**) Turba = Turba Philosophorum, einer der ältesten lateinischen Texte der Alchemie
***) Scheuren = Scheunen


Mittwoch, 27. Mai 2020

Seite 22 - Des Geistes Pforten






















{Rest des letzten Satzes von Seite 21:} Hunger ist unersättlich, so gar, daß er Gott und Himmelreich nicht kann gesättigt werden, sondern im dürren Hunger bleibet, denn der tiefe Abgrund sein Schlund ist; dahero kein Wunder, daß er dem Gemüthe nicht wieder austheilet, und ihr bei euren langweiligen Gebäten ohne Kraft bleibet p.p.
d. 22 Decbr. 1706

Hier verstehet man auch des Geistes Pforten mit dem Gebet, und wovon die harten Kämpfe zwischen Glauben und Zweifel herkommen? Der Geist des Gebets dringt in den inwendigen Menschen (darin der Tempel Gotts) in Gott als das Jah, wo es dann sein Gradus¹ von innen durch die Finsternis und Feuer ins Licht hat und bildet mit der Immagination des Glaubens das Model des Gefaßeten im Willen, zugleich dringt der Drache aufm Rücken mit dem Zweifel hinauf in den äußeren Spiegel, und ziehet das Jah in Nein.
Hie muß sich nun der Geist überformen, und die Immagination aus dem äußeren Spiegel heraus ziehen, und sich in den jungfräulichen Spiegel des Lichts imaginiren. Denn er hat beide in seiner Idea², und sind nur ein einig Auge oder Globus, vor sich die Himmlische Sophia, hinter sich die astralische oder äußere Sophia, welche letzte aber keine Jungfrau mehr, sondern vom Teufel inficiret oder geschwächet ist worden, und in welche auch der Satan mit dem Zweifel sich einflicht, wie bereits gedacht; aber wenn in der Bildung das Ja mit oder durch den Willen-Geist sieget, so wird das Nein vom Jah verschlungen, und der Satan muß den äußeren Spiegel verlaßen, und wird den Rücken hinunter geworfen auf die Erde der stinkenden Excrementen, womit dann der äußere Spiegel auch Licht wird, also daß die Kräfte Farben und Tugenden darin sehr paradeisisch erscheinen, und in ineinander und durch einander inqualiren³ und wirken; worin die äußere Sophia ein recht Gegenbild der Innern ist, aber in Principia von einander geschieden, rechte Geschwister, die äußere ist heilig, die Innere Allerheiligst; dieser ist das Amen und Jah im Gebet, in Hertz und Sinn und Gemüth. Hie habt ihr die Pforte des Durchbruches in der Tiefe.
Ehe aber ein Anfänger zu diesem Stande kommt, ereignen sich in der Anzündung der Gestalten im Feuer, die Lectiones mit dem gelaßenen {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: und eigenen Würken.} 

¹) gradus = Stellung, Stufe, Rang
²) idea = Urbild, Idee, Ideal
³) inqualieren = übereinstimmend wirken

Dienstag, 26. Mai 2020

Seite 21 - Der Drachen-Wurm

Die Seele muß ihrem Drachen-Wurm absterben, und demüthig in der Mutter ruhen und sich der Creutz-Geburt und aller Wiederwärtigkeit unterwerfen, und ihr Himmel und Hölle Licht und Finsterniß eben lieb und egal um Christi Willen werden, damit wird ein ander Geist in der Begierde gebohren werden, welches der sanfte Lichts und H. Geist des Gebets heißet, und in Gott aufsteigen, hiemit bleibet der Drache als ein Salamander im göttlichen Feuer ruhen, welches seine sanfte Wonne und Himmel ist; über diese Gräntzen muß er nimmermehr kommen, denn die Jungfrau läßt ihn in ihren Lichts-Himmel nicht ein, er ist zu ungebärdig, und wenn er das Licht erreichet, flieget er [da]mit über die Thronen aus.
Aus diesem wird El. nun verstehen, durch göttliche Erleuchtung den Geist des Gebets Christi, welcher nicht ruft oder schreiet, und deßen Stimme man auf der Straße nicht höret; das Eli, Eli, Lamma Sabachtani* am Creutz rufen mit großem Geschrei und Thränen. Hebr. V. hat eine andere Lection p.p.
d. 1. Mai 1708

Der finstere Welt-Hunger wird von dem Licht-Hunger im Liebe-Feuer verschlungen werden, so euer Gemüth recht mäßig, und allezeit nüchtern wird machen, daß ihr den Hunger Gottes nach euren Gebets von dem Hunger Gottes der finsteren Welt klar werdet unterscheiden können, und Gottes Tempus, da Er unsere Gebete einißet ordentlich erkennen, auch den großen Unterschied in euch befinden, zwischen Gott und Natur; indem Gott unser Gebet zwar einißet, aber Seine Lichts-Wesenheit und Kraft unserer Seelen hinwieder mittheilet, daß also ein stets währendes unaufhörliches Eßen oder Beten ist, obwohl auf eine eßentiale Art, gleich wie unser natürliche Magen nach Speiß und Trank zu gewohnter Zeit hungert, und wenn er sein Mahl eingenommen, seinen Mund wieder schließet, und hinwiederum alle Eßentien und Glieder des Leibes speiset, daß also ein stetes Eßen auch ist; so bald der Magen den empfangenen Vorrath gantz ausgegeben, beginnt das Feuer wieder zu hungern nach neuer Speise.
Also auch mit dem göttlichen Feuer zu verstehen ist, welches mit unseren Gebeten gespeiset wird.
Der finsteren Welt, oder des Drachen {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: Hunger ist unersättlich, so gar, daß er Gott und Himmelreich nicht kann gesättigt werden, sondern im dürren Hunger bleibet, denn der tiefe Abgrund sein Schlund ist; dahero kein Wunder, daß er dem Gemüthe nicht wieder austheilet, und ihr bei euren langweiligen Gebäten ohne Kraft bleibet p.p.} 

*) Eli, Eli, lāmā azav’tāni = Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ausruf Christi am Kreuz

Dienstag, 19. Mai 2020

Seite 20 - Mann und Weib






















{Rest des letzten Satzes von Seite 19: Hierin müßet ihr euren Geist mit der Immagination gewöhnen, auf daß die Sinnen die göttliche Kraft in sich faßen, zum Nutriment Seelen und Geistes so werden alle finsteren Bilder in der Vernunft fallen, inmaßen wir in allen Gebeten, El. alle drei darin als in unserer himmlische Matricern eingebähren, und euren Geist mit dem heiligen Tinctur-Feuer Vaters und Sohns anzünden und heiligen, und damit im H. Feuer zum lieblichen Geruch} 
in Gott auffahren (und dieses ists, daß euer Geist dies wonnesame Licht von ferne siehet, und die Strahlen davon auffaßet, wann ihr ihn aber werdet mit der Immagination, als gesagt ist gewöhnen, und herzu an den rechten Locum¹ führen, so wird euch das Licht nahe werden) ob wir El. möchten lüstern machen, dem Aas in eurer eigenen Creatur nachzuspüren, und auf den göttlichen Kraft-Punkt zu kommen, worin ihr alle Brüder umhälsen und faßen werdet können, und nicht in der Tiefe des Gemüths herumschweben, und auf ein Nonens [non ens]² in Ungewißheit würken dürfet, so doch keine Fixität³ giebet, weil Gott von uns nicht erreichet werden kann, als nur in Christo der Jungfrau, worin  die Gottheit im Wesen wohnet, und sich der Seelen wenn sie treu ist, seiner Zeit, von Angesicht zu Angesicht offenbaret.
Der jungfräuliche Spiegel aber ist zweifach, halb von unten unserer Menschheit, welche als ein Saame ins H. Tinctur-Feuer Vaters und Sohnes eingesäet wird, das ober Theil aber ist pur lauter Gottes, und der klare Spiegel der Gottheit, eine Zierde und Glantz der ewigen Majestät; und ist doch nur ein Spiegel, worin die Gottheit mit unserer Menschheit in Christi himmlische Lieblichkeit beisam wohnen.
Wer an diesem Ort wohnen, und ein Priester des neuen Bundes in Christo sein will, Amen, er muß Evam verleugnen, anders ist keine Stätte im Himmel, da weder Mann noch Weib: diese gehören absolut in den Vorhof und äußeren Himmel (bis der Mann und das Weib abgestorben) gleich am jüdischen Tempel im Fürbild auch zu sehen, und an den Schau-Brodten, davon kein Priester essen durfte, der sich nicht von Weibern enthalten.
Insonderheit mußte der Hohepriester gantz heilig sein, wenn er ins Allerheiligste eingehen wollen, weil Gott zwischen Cherubim wohnet, welche alle Unreinigkeit über die maßen scharf abschneiden, und der Creatur nicht schonen, all sollten auch Mark und Bein zu Trümmern gehen, gleich wir bei Eröffnung der Pforte in Ternarium Sanctum befunden haben.
Warum man sich nicht abusiren⁴, weil sich Gott nicht lässet spotten p.
Usa⁵ hatte gewiß wohl auch eine gute Meinung. 2. Sam. 6 p.p.
d. 14. Juli 1708.

¹) locus = Ort
²) non ens = Nichtseiendes, Unding
³) Fixität = Festigkeit, Beständigkeit
⁴) abusieren = täuschen
⁵) Usa = Gestalt aus der Bibel. Usa versucht einen Sturz der Bundeslade beim Transport nach Jerusalem zu verhindern und vergisst, dass er sie nach Gottes Gebot nicht berühren darf:  "Und als sie zur Tenne Nachons kamen, griff Usa zu und hielt die Lade Gottes fest, denn die Rinder glitten aus. Da entbrannte des Herrn Zorn über Usa, und Gott schlug ihn dort, weil er seine Hand nach der Lade ausgestreckt hatte, sodass er dort starb bei der Lade Gottes." (2. Buch Samuel, Vers 6 und 7)

Montag, 18. Mai 2020

Seite 19 - Das Lebenskreuz






















Also wenn der Sp. M. jetzto die Menschen nach dem thierischen Leibe durch Ecstases außer sich selbst bringen, daß sie als ungefühlig und erstarret daliegen, wann sie wieder zu sich kommen, ists der alte Mensch, welcher sich übersinnliche Freiheit nimmt, und damit in ein unordentliches wüstes Leben hingeräth, wie viel Exempel vor Augen p.p.
d. 19. Marti. 1708

Wir erinnern euren Geist, euers eigenen Wortes, im Brieflein an uns, da ihr nicht anders zu schreiben wißet, als die Kinder-Stimme: Ich habe euch lieb!
Fahret mit eurem Willen-Geist, aus der Stirn diesem hall nach, so werdet ihr finden, wo das Kindlein Jesus, euer inwendiger Mensch seinen Sitz hat, als in seiner Matrice, und mit großem Wunder schauen, wohin euch die Kindlein weisen, (in denen der engelische Grund noch spielet) nemlich in die Brust, allwo der Spiegel der himmlischen Jungfrauen ist, und hierin ists, dass der Geist im Beginn unserer Bekanntschaft, die zusammen geraffte Sinne und Gemüth eingeworfen; Continuiret damit immer fleißig zu, und laßets euere Arbeit in allen Gebeten sein, versammelt euren Geist in Eins, und leget ihn in der Mutter Schoß ein; Sie wird ihn in ihrem H. Element empfindlich neu gebähren; die lebendig fühlende Kraft soll eurem alten Adam* dermaßen erquicken, daß diese gantze Welt, mit aller Süßigkeit, lauter Quahl dagegen p.p.

Der allerheiligste Ort ist Ternarius Sanctus**, unserer l. Mutter Braut-Cammer, darin als in dem Auge der göttlichen Weißheit alle Principia in einem Punkt zusammenlaufen; Vater, Sohn und H. Geist, mit der Weißheit umgeben, Eins in unserem Geiste.
Dieser jungfräuliche Spiegel, wie Eingangs aufgehoben, stehet aufm Lebens+ [Lebenskreuz] in der Brust, und centriret sich im Mittelpunkt, zwischen beiden Armen.

Hierin müßet ihr euren Geist mit der Immagination gewöhnen, auf daß die Sinnen die göttliche Kraft in sich faßen, zum Nutriment***) Seelen und Geistes so werden alle finsteren Bilder in der Vernunft fallen, inmaßen wir in allen Gebeten, El. alle drei darin als in unserer himmlische Matricern eingebähren, und euren geist mit dem heiligen Tinctur-Feuer Vaters und Sohns anzünden und heiligen, und damit im H. Feuer zum lieblichen Geruch {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: in Gott auffahren (und dieses ists, daß euer Geist dies wonnesame Licht von ferne siehet, und die Strahlen davon auffaßet, wann ihr ihn aber werdet mit der Immagination, als gesagt ist gewöhnen, und herzu an den rechten Locum führen, so wird euch das Licht nahe werden) ob wir El. möchten lüstern machen, dem Aas in eurer eigenen Creatur nachzuspüren, und auf den göttlichen Kraft-Punkt zu kommen, worin ihr alle Brüder umhälsen und faßen werdet können, und nicht in der Tiefe des Gemüths herumschweben, und auf ein Nonens [non ens] in Ungewißheit würken dürfet, so doch keine Fixität giebet, weil Gott von uns nicht erreichet werden kann, als nur in Christo der Jungfrau, worin  die Gottheit im Wesen wohnet, und sich der Seelen wenn sie treu ist, seiner Zeit, von Angesicht zu Angesicht offenbaret.}

*) alter Adam = Körper
**) ternarius sanctus = Heilige Dreifaltigkeit
***) Nutriment = Nahrung

Freitag, 15. Mai 2020

Seite 18 - wunderliche Thorheiten und der salnitrische Schrack























{Rest des letzten Satzes von Seite 17:} gehen, da hast du deine Gaben in deiner Hand, du mußt eine eigenmächtige Bewegung haben, damit kannst du deinen Nächsten fruchten, und dienen; du willst dich so nicht dahin in die Finsterniß, in den Kerker wagen, wer weiß was dir im gelaßenen Willen wiederfähret?
Damit ist die Seele in der Eigenheit gefangen, begeht wunderliche Thorheiten, und ist ein rechter Affe der inneren Licht-Welt, denn wir nicht nach eigenem Gutdünkel und Willen gehen, sondern im Gebet auf unseren Knien Gott um Seine H. Leitung durch die Wüste der äußeren Principii anruffen müßen, auf Gott vertrauen lernen, und nicht förchten p.
Der Engel Gottes weiß Joseph mit Mutter und Kind wohl durch die Mörder in Egipten zu bringen, da dann das rechte himmlische Feuer mit Zersprengung der strengen Gestalten im salnitrischen Schrack¹ aufgeschlagen wird p.
Und dies Feuer ists so aufm göttlichen Altar brennt, und seinen lieblichen Geruch vor Gott giebet, und worin die Seele sich wieder im Geist mit Gott findet p.p.
d. 22. Decbr. 1705

Die solarische Tinctur² ist falsch, und bringt der Seelen keine wahre Ruhe und Frieden, warum das Einersenken in dieselbe, im Feuer den Stich nicht hält, dahero wirs gleich anfangs suspectiret³, und mit Bestürtzung bei den Teutschen Pietisten-Freunden vernehmen, daß sie keine Auge haben, und nicht tiefer arbeiten, und dahero sich gleich aufdecken, und widersetzen, wenn sie bei uns kommen, ob man schon keinen Gedanken hat: welches von denen ungleichen Müttern herkommt, Hagar und Sara⁴, zwar Kinder von einem Vater, aber zwei unterschiedlichen Müttern, welche sich nie vertragen.
In beiden ist auch ein Oraculum, davon der Engel der Hagar erschien, und ihr in der solarischen Tinctur die Augen öffnete, daß sie den Waßer-Quell darin sahe, die dürre Gestalten ihres Knabens Ismaels, der nun verschmachten wollte, damit zu tränken, welcher aber nach dem Trinken ein Spötter nach als vor geblieben, und dem Isa[a]c eine stete Übung gewesen, da derselbe Geist in Abimelechs⁵ Regimente ihm stets die Brunnen verstopfet, also geht’s noch heutiges Tages.

¹) Salnitrischer Schrack = von J. Böhme geprägter Begriff: plötzliche Feuerentzündung
²) Solarische Tinktur = in der Alchemie ein golderzeugendes Präparat
³) supektieren = argwöhnen, verdächtigen
⁴) Sara und Hagar = biblische Gestalten. Als Sara auch in hohem Alter mit ihrem Mann Abraham nicht den von Gott verheißenen Sohn bekommt, überredet sie Abraham, mit ihrer Dienerin Hagar ein Kind zu zeugen, seinen ersten Sohn Ismael. Diese Situation führt zu Konflikten zwischen den Frauen. 13 Jahre später bringt Sara doch noch ihren Sohn Isaak zur Welt. Isaak wird der Stammvater der Israeliten, Ismael der Stammvater der Araber.
⁵) Abimelech = König zur Zeit Abrahams und Isaaks, mit dem Abraham einen Streit über die Nutzung von Brunnen hatte.

Mittwoch, 13. Mai 2020

Seite 17 - Die zwei Töde























{Rest des letzten Satzes von Seite 16:} (dieses ist die erste Schwängerung, so durch Immagination geschiehet, als da des Menschen Geist imaginiret, in den jungfräulichen Spiegel Gottes, in der Tinctur eröffnet) da in der großen Angst die Welt (der Microcosmus, als die Gebär-Mutter) zu enge machen will; weil der Sp. M. aber gar unfix und blöde, anstatt daß er durch Gebet durch die Angst-Cammer durchdringen und das himmlische Feuer anzünden soll, so fället er auf äußere Extrema und schmücket sein Thier mit einem frommen Kleide p.p.
d. 22. Decbr. 1706

Das Geheimniß der Wiedergeburth ist groß, weil unsere himmlische Bildniß (Jesus) durch alle 3 Principia muß gebohren werden, und durch zwei Töde gehen p.
Dahero ihr findet, daß die erste Auferstehung und Zerschellung des Gemüths in dem äußerern Geist geschiehet, allwo die Seele durch Buße und Abstinentz, je nachdem sie sich im Willen traulich an Gott übergiebet, bald die äußerer Tinctur im Gemüth erreichet. Diese ist aber sehr unfix, und dem Menschen nicht gut in diesem Stande lange zu harren.

Christus muß so bald Er hier gebohren, also bald von Herode*, oder Sp. M. (der in der ersten Gestalt der ewigen Natur, seine eigenen Kinder frißet) in uns, dieweil wir noch unschuldige Kindlein sind, getödet werden, und durch diesen Tod ins erste Principium der Feuers-Geburt als in Egipten fliehen, und alldadurch ernstes Gebet und Eindringen zu Gott, die übrige verfloßenen Gestalten der ewigen Natur zersprengen; denn wo die Seele sich nicht bald, dieweil sie noch keusch, und von der Schlangen nicht vergiftet ist, aufs Centrum Natura leget, so flieht sich der Teufel ins erste Licht, und macht die Tinctur falsch, da der thierische Mensch mit gleißet, und kann des Teufels nicht wieder los werden, er darf nicht in seinem inwendigen Grund einkehren, denn er findet den Paß mit dem Cherub** besetzet, vor welchem rauhen Herrn der äußerer Geist in große Angst fället, und du willst lieber wieder zurück in deine erste Aufweckung {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: gehen, da hast du deine Gaben in deiner Hand, du mußt eine eigenmächtige Bewegung haben, damit kannst du deinen Nächsten fruchten, und dienen; du willst dich so nicht dahin in die Finsterniß, in den Kerker wagen, wer weiß was dir im gelaßenen Willen wiederfähret?}

*) Herodes = römischer König von Judäa, der lt. Matthäusevangelium nach der Geburt Jesu die Ermordung aller männlichen Neugeborenen anordnet, weshalb die heilige Familie nach Äpypten flieht
**) Cherub = Engel, himmlischer Wächter

Montag, 11. Mai 2020

Seite 16 - Die monstrosische Ungestalt























{Rest des letzten Satzes von Seite 15:} bitter, und bitter wider Angst, gleich im finsteren Willen ist, und die Gestalten gebähren einander doch im Willen, so aber im finsteren lauter Feindschaft.

Gleich bei Vorbild ihrer zwei oder mehr, welche in Feindschaft stehen, und aus einem Wort in ein gantz Rad kommen, da ein giftig Wort das andere gebieret.
Aber bei guten Hertzen, die in einem Willen der Liebe stehen, gebähren sich die Gestalten im Licht, da eines dem anderen das Hertz aufschließet, eine Gestalt oder Wort liebt des anderen Gestalt oder Wort, woraus sich zuletzt ein groß Licht anzündet, welches Christus ist, wann sich ihrer 2 oder 3 also gebähren.
Wann ihr auf diesen Grund im Gemüth kommt, werdet ihr euch in den finsteren Gestalten nicht lange aufhalten, sondern Sinn und Gemüth im Finsteren zuschließen, und nicht speculiren, ob man wohl die Finsterniß durchgehen muß, weil kein Licht ohne Finsterniß ist.
Das Feuer der Angst aber ist die Scheidung der finsteren und Licht-Welt, da mit Zersprengung der Angst-Cammer der Blitz oder Blick des ewigen Lebens aufgehet, worauf es gantz Tag wird.
Wann man aber die Liebe zum Vorwurf hat, und nichts anderes ins Gemüth einläßet als Liebe, so gehets im Feuer auch sehr sanft, welches so dünne wird als das Licht selber.
Also erfordert die göttliche Geburt mehr ein Nichtselber Würken als ein eigen streng Würken.
Darum besteht das Inwendige auch nicht in Gebotten, gleich das gantze Evangelium lauter Erweckung in sich hat. Niemand kann zweyen Herren dienen; sorget nicht, sammelt nicht Schätze; liebet einander als Ich euch geliebet habe. p.p.

Merket dannenhero (?) mit der A.B.C. Schule, da Consonantes und Vocales krauß durcheinander stehen, den äußeren Geist oder Sp. M. in Gut und Böse, mit welchem Gott zu unserer Belehrung und Erneuerung den Anfang machet, und sich in Tinctura solis*, als den reinesten paradeisischen Theil im Gemüth eröffnet, davon der Sp. M. räge wird, und einen Spiegel bekommt, worin er seine monstrosische Ungestalt erblicket, und findet, daß er nach dem Leibe ein Thier, und nach der Seelen ein Teufel; davon er in große Reue, Abstinentz und Poenitentz** {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: fället (dieses ist die erste Schwängerung, so durch Immagination geschiehet, als da des Menschen Geist imaginiret, in den jungfräulichen Spiegel Gottes, in der Tinctur eröffnet) da in der großen Angst die Welt (der Microcosmus, als die Gebär-Mutter) zu enge machen will; weil der Sp. M. aber gar unfix und blöde, anstatt daß er durch Gebet durch die Angst-Cammer durchdringen und das himmlische Feure anzünden soll, so fället er auf äußere Extrema und schmücket sein Thier mit einem frommen Kleide p.p.} 

*) tinctura solis = in der Alchemie ein golderzeugendes Präparat
**) Pönitenz = Buße

Mittwoch, 6. Mai 2020

Seite 15 - Aller Anfang ist schwer























{Anfang des letzten Satzes von Seite 14: Gleich mir in der Zeit mit Jacob. B.* wiederfahren, ich konnte nicht einen Versicul** lesen, ich mußte das Buch niederlegen, im Verborgenen auf die Knie fallen und beten, womit sich der Geist durch die Gestalten, auch alle 3 Principia im Worte gebahr, wann ich gieng oder stand, auch des Nachts ruhete,}
so stund das göttliche Gewächs nicht still, und war alle Morgen neu.

Man weiß anfangs aber sich nicht zu moderiren, weil man den äußeren Natur- und inneren Lichts-Hunger nicht unterscheiden kann, dahero man das Rad von außen zu streng treibet, welches den Leib abmattet.
Da hingegen, wenn man nur mit dem Hertzen betet, worin der Lichts-Hunger ist (welches wir an Br. Jan M. das übersinnliche Wirken heißen), so mattets nicht nur den Leib nicht ab, sondern das Licht treibet die Gestalten sanft, daß man in so kurtzen Tagen als 3 sind, durch die Principia zur Geburt im Licht kommen kann, da man mit dem finsteren Treiben im Feuer in 3 wochen ja nimmermehr so weit fördern kann, weil das Rad im Finsteren stehen bleibet; dahero man auch nicht zum Lichte kommt, noch weiß was Gestalten sind, welche allein in der Jungfrauen verstanden werden p.
Christus sagt auch: Würket Speise die nicht vergehet, sondern bleibet im ewigen Leben, welche euch des Menschen Sohn (das ist die Jungfrau, unsere himmlische Gebär-Mutter) giebet.
Welches für Anfänger die schwerste Arbeit unter der Sonnen, gleich mehr gute Hertzen wohl gesagt, sie wollten lieber den gantzen Tag die schwerste Hauß-Arbeit thun, als eine Stunde in Geist und Wahrheit beten, es heißet aber Omne Principium Grave***, wie in allen natürlich Dingen, also auch im Geiste. Es kommt aber dieses Falls dabei zu weil der äußere Mensch bei Schwachen oder Anfängern das Rad zu stark anziehet mit der finsteren Begierde, weil der äußere Mensch gern wollte Licht sein (welches bei Vollkommenen nicht ist, welchen Finsterniß und Licht im äußeren Menschen ein) es verlernet sich aber von selbsten, wenn durch die Erfahrung gewahr wird, daß die Finsterniß das Licht nicht begreifen, oder ergreifen kann, so schöpfet der Geist einen neuen Willen aus der Finsterniß aus Zugehen, welches der Lichts-Wille heißet, welcher das sanfte Eine Element des Geistes ist worin die gestalten einander lieben, und sich untereinander freundlich gebären, daß gantz kein Rügen oder Stachel der Eßentien ist, herbe wider {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: bitter, und bitter wider Angst, gleich im finsteren Willen ist, und die Gestalten gebähren einander doch im Willen, so aber im finsteren lauter Feindschaft.}

Anmerkungen:
*): Jakob Böhme, 1575-1624, deutscher Philosoph und Mystiker
**): Versiculus = das Verslein
***):Omne Principium Grave = Aller Anfang ist schwer



Dienstag, 5. Mai 2020

Seite 14 - Das Durchdringen des Worts






















Die movirte (?) Contraria¹ der Vernunft, wegen des keines im Gebet, sind leicht zu beantworten.
Ihr lbr.² habt selbst die Erfahrung, wenn eures Geistes Ernst groß worden, daß ihr aufspringen, und auf die Knie fallen müßen; die Praxis wird alles in eurem Gemüthe conciliren³ können:
Wann aber Jemand krank oder impodent, das Bette hüten muß (gleich wie auch wir des Nachts, wenn wir erwachen, die Stunden auskaufen, und uns in Gott eingebären, wozu wir Gnade haben) oder im Schiff, oder auf Wagen, unter Läuten ist, bedienet man sich der Gelegenheit wie sie fället, dabei wir euch von Br. Gichteln versichern können, daß so oft er bei uns von der Reise avisiret⁴, sein erst Werk ist, nach meinem Oratoris⁵ sich zu begeben, wo er sich vor Gott in der Verborgenheit niederwirfet p.

Wir ersehen daß ihr die Jungfrau ins Auge bekommt.
Ist das Das, davon wir in vorigem gedacht, und unser einigstes Ein, davon wir schreiben oder reden, weil wir nichts anderes wißen mit Paulo, als Jesum, welcher die Jungfrau in sich hatte, sie ist unsere Matrix, welche und Gottes Willen, welcher unsere Speise ist, ausgebieret, und durch das Wort welches wir El. schreiben, welches in den Lesern Geist, Seel und Leib durchdringet, so gebären heißet durch Gestalten der Natur, bis es sich in eine himmlische Wesenheit im Licht gebohren, allwo es seine Gleichheit findet, weil das Reich Gottes in uns, aber im Zorn Gottes in allen Gestalten der Natur zeitlichend ewig verborgen ist, welche im Ohre das Wort aufschließet, dahero Christus hoc Sensu⁶ beten Graben heißet: Und dieses Durchdringen des Worts geschiehet vermittelst des Gebets, und der Geist Christi im Wort erwecket den Geist des Gebets, daß mans nicht lesen kann, man muß gleich darauf beten.
Anfang des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird:
Gleich mir in der Zeit mit Jacob. B. wiederfahren, ich konnte nicht einen Versicul lesen, ich mußte das Buch niederlegen, im Verborgenen auf die Knie fallen und beten, womit sich der Geist durch die Gestalten, auch alle 3 Principia im Worte gebahr, wann ich gieng oder stand, auch des Nachts ruhete, {...}

Anmerkungen:
¹) Contraria = Gegenteile, Gegensätze
²) Ihr lbr. = vermutlich: Ihr lieben Brüder
³) concilieren = verbinden
⁴) avisieren = ankündigen
⁵) oratorium = Bethaus
⁶) hoc sensu = dieser Sinn

Mit dieser Seite hatte ich einige Schwierigkeiten. 
Beginnend mit dem unleserlichen oder unbekannten zweiten Wort, erschließt sich mir bei einigen der folgenden Sätze weder die Grammatik noch der Sinn.


















Entweder liegt es an mir, oder die Konzentration des Schreibers ließ hier einfach mal nach.

Donnerstag, 30. April 2020

Seite 13 - Auf den Knien






















{Rest des letzten Satzes von Seite 12: Seine Andacht kann man zwar wohl also haben; jedoch muß große Discretion im Gemüthe sein, weil die Principia Promiscus ihr Egest einwerfen, welche Gewürke im Gebet aufm Test des ewigen göttlichen Feuers müßen digeriret werden, da das Unfixe im Feuer wegraucht; ein jeder Geist aber hat seinen Himmel, und darauf ist auch sein Ernst; die im äußeren sinnlichen Himmel wandeln, rühren mit der Immagination}
Centrum Natura ewig nicht an, und ist ihnen ein Tod, auf den Knien liegende einzudringen.
Wir habens gefunden. Fed exempla odiosa* p.
d. 29. Jan. 1708
Auch soll Gott durch die annehmenden Kräfte des Geistes den äußeren Menschen aufrichten, daß er nicht mehr liegende, sondern aufrecht auf den Knien, ohne Motus und Ungebärden, seine Andacht verrichten könne, ein jeder aber bete still für sich.
Die erste Weise haben wir in unsern ersten Jahren nicht zuvor aufm bette, sondern auf Boden, fast gantze Nächte geübet (weil uns unterm Joch im Sp. M.** die Tage zu kurtz geworden, da der Geist nur Abrupte, und verstollener Weise sich in Gott einführen können) bis sich die Seele ausm gantzen Leibe in eine Auge zusammen ziehen können, da ists aufn Knien viel eindringender in Gott, wie wir nun täglich, sobald  Morgends vor Tage nur die Augen aufgehen, den Unterschied empfinden können, da Gott in unserem Geiste ausquillet, und ohne des äußeren Geistes Arbeit, die Lichts-Kräfte und Morgenröthe des ewigen Tages verklärte, aber liegende die helle Sonne der Gerechtigkeit, wo die göttl. Kräfte sich concentriren, und in ein wachsend Leben eingehen, nicht anzünden kann, bis der Leib ausm Bette aufgestanden, und auf den Knien den Geiste in Gott eingeführet, da ist der Baum wieder aufgerichtet, welcher die Nacht umgelegen, da man von unten aus der Wurtzel (so die gebogenen Knie sind, welche worauf der Geist wie die Wurtzel am Baum, platt gehalten liegen, so ein tiefes Misterium, wonach der Geist Jahren her geforschet, aber im Verstand nun recht aufgeschloßen worden, weil Gott das Misterium der Weißheit in allen Tiefen verkläret, daß man nun alle Verborgenheit aufgeschloßen findet, was Gott von innen und außen in Seiner Creatur ist, und uns von Jugend auf mit seinem Geist des Gebets instruiret, daß wir unmöglich stehende, oder sitzende die Seele in ein Auge zusammen ziehen können, und anderen ihre Weise gelaßen) bis zu oberst in die Crone durch alle 3 Prinzipia in Gott sich eingebieret.
d. 16. Novebr. 1707

*) fed exempla (sunt) odiosa = aber die Beispiele (sind) hassenswert.
**) spiritus mundi = der Weltgeist, Begriff aus der Alchemie

Dienstag, 10. März 2020

Seite 12 - Die Tore der Tiefe























Man kann einem natürlichen Menschen schwerlich einen Begriff von der Seelen Idea geben. Denn er verstehet mit der Gelaßenheit, daß man als ein Vieh Centrum Natura gantz nicht dürfe anrühren, sondern gleich jenen ohne göttliche Würkung so dahin gehen, und das Gestirn nur drehen laßen, durch welche Wegeweiser manch Gemüth übel angeführet wird, wo Gottes Erbarmen das Hertz inwendig nicht selber regiret und durch Seinen Geist die Angst-Cammer aufschließet, da es so wenig das Eßen im Gebet als die natürliche Speise entbehren kann.
Es ist ein Zeichen des geistlichen Todes, wo der Arckäus [Archäus]* im Gebet Gottes Kräften nicht anzieht.
Wo das Gestirn auch mit Br. P. zuletzt noch hintreiben will, mag Gott wißen: Der Geist ist in ihm ja gantz trunken; was will der gute Mann von Eigenheits-Wirken doch sagen? 
Er dringe erst in die enge Pforte des Lebens ein, er wird wohl finden was beten auf sich habe, und einen gantzen Menschen erfordern, und wie man den äußeren Menschen muss am Zaum führen, auf daß er nicht ins Ausschweifen oder laufen komme, er kann in einem Tage mehr Kräfte verfladern, als die Seele in einem Jahre versammeln.

Die geistliche Geburt oder Arbeit des Gebets muß kniend geschehen, wegen der Thoren der Tiefe im Gemüth, weil der Sp. M.** mit einer Wolken im Gemüth den Eingang versperret: und hat der noch keinen Verstand in der Tiefe, der da sagt, daß man es gehende, stehende, sitzende, liegende, eben so wohl thun könne. p.
Seine Andacht kann man zwar wohl also haben; jedoch muß große Discretion im Gemüthe sein, weil die Principia Promiscus*** ihr Egest einwerfen, welche Gewürke im Gebet aufm Test des ewigen göttlichen Feuers müßen digeriret werden, da das Unfixe im Feuer wegraucht; ein jeder Geist aber hat seinen Himmel, und darauf ist auch sein Ernst; die im äußeren sinnlichen Himmel wandeln, rühren mit der Immagination {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird:} Centrum Natura ewig nicht an, und ist ihnen ein Tod, auf den Knien liegende einzudringen. 

*) Archäus = der Ätherleib des Menschen, Begriff aus der Lehre des Paracelsus
**) spiritus mundi = der Weltgeist, Begriff aus der Alchemie
***) Principia Promiscus = die gemischten Elemente
****) Egest = vermutlich veraltet für Ausscheidung, Auswurf; vgl. englisch "to egest" = ausscheiden


Dienstag, 3. März 2020

Seite 11 - Der Acker des Gemüts























{Rest des letzten Satzes von Seite 10: Dies ist das große Angst-Rad, welches sich aus der Finsterniß ausgebieret,}
und der Anzündung des ewigen Lebens mitten im Tode, und heißet nun der Geist der feurigen Begierde, welcher das göttliche Licht und darin die ewige Weißheit und Verstand, als Gott vor sich im Hertzen aufschließet p.
In diesem wird sich euer Geist faßen können sich Gott getrost anvertrauend p.

Ach! Wie wird sich euer Geist erquicken, wenn die göttliche Weißheit also aus eurer Seelen leuchtet und mit dem göttlichen Verstand die gantze Tiefe des Gemüths aufschließet.
Bis dahin müßet ihr nun in Knechts-Gestalt den Aker des Gemüths in großer Arbeit des Geistes umpflügen, auch im Haupt euch mit den thierischen auch höllischen Sinnen und Ascendenten, beides aus der Vernunft und Abgrunde, als ein elender Sauhirte schleppen. Luc: 17, 7. jene stets recolligiren*, und in einen Pferch des Willens mit großer Mühe versammeln, und dieser höllischen Wölfe euch entschlagen.
Nach welcher Arbeit der sich versammelte Willen-Geist erst schürtzen muß, und seinen Herrn über Tische dienen, das ist, mit dem Gebet speisen, da heißets: Danket auch der Herr demselben Knecht? 
Das ist: Die Seele hat nur gethan, was sie zu Ihm schuldig gewesen, und hat sich als ein mühsamer Arbeiter aus ihrem Werk gerettet, und ist hertzlich froh, daß sie so wohl reusiret**, und fertig werden können, sich im Willen also schürtzen zu können, und Gott mit dem Gebet eine angenehme Speise aufzutragen, in Demuth erwartende den Nach-Tisch, als das Amen im Gemüth empfangen zu mögen, woran ihr genüget, bis diese Knechts-Jahre erfüllet, und der hl. Geist im willen aufgehet, welcher das Siegel ist, womit die Seele befestiget, und zum Erben des ewigen Lebens constituiret wird, da es dann anders lautet, und die Seele ein höher und tiefer Werk bekommt, so mehr zu sagen als die Knechts-Arbeit, als deme Gott nichts mehr vertrauen könne, bis seine Treue offenbar worden. p. 
d. 19. Mrtz 1708
*) recolligieren = sich erholen
**) reüssieren = Erfolg haben

Donnerstag, 27. Februar 2020

Seite 10 - Die himmlische Gebär-Mutter
























{Rest des letzten Satzes von Seite 9: Tiefer hinein ins Gemüth ist nun der Ort, wo die himmlische Sophia durch die Gestalten der Natur, durch Finsterniß, Feuer und Luft, im Wesen oder himmlischen Leiblichkeit sich ausgebohren, und in ihrem Spiegel Vater und Sohn, Feuer und Licht, in einem göttlichen Wesen umfaßet, und in diesem Spiegel oder Sophiam, gehet nun der Willen-Geist aus der Stirn durch Immagination ein, denn er ist der ewige Aufschließer im Menschen, und so bald er die göttliche Wesenheit also aufgeschloßen und die Sophiam in seiner Immagination hat, so zündet er weiter hinunter den Geist der feurigen Begierde, aus dem urkundlichen Seelen-Grund, mit der Weißheit an, das ist, er küßet den Geist der feurigen} 
Begierde (den ersten Feuer-Mann und Bräutigam Sophia) beides, in sich, als in seinen Brüdern, in der Harmonie des Geistes; und damit brennet die göttliche Liebe im Feuer, und steiget die nunmehro feurige Liebes-Begierde also recht aufwärts in die himmlische Jungfrau der Wesenheit, und zündet die himmlische Gebär-Mutter an, das ist, er schwängert sie mit seiner starken Liebes-Flamme, und führet sein und der Brüder Anliegen in die Mutter ein.

Diese combinierte feurige Liebesbegierde dringet durch alles Halten des Feindes durch, zerbricht alle Finsterniß, und schließet die Gebär-Mutter auf, da der Seelen-Geist nimmt, und ihm nichts versaget wird, was er bittet, es sei was es wolle. Math. 18.
Und damit spricht Gott mit dem Verbum fiat* Seines Sohnes, das Amen in unser Gemüth.
Damit zieht die Seele ab, und die Creatur ist der göttlichen Erhörung in sich gewiß, stehet mit Freuden von den Knien wieder auf, und nimmt ihre äußere Verrichtung zur Hand; die Turba** kann sich nicht ins Gemüth dringen; unser Geist aber muß in den Schranken Gottes bleiben, und sich keine Freiheit im Sp. M. [spiritus mundi***] nehmen. Denn da ist die Turba, dafür die Jungfrau fliehet. Aus diesem könnt ihr abnehmen, das Beten kein sinnlich Werk. p. 
d.d. 28. Jan. 1708. p. 

Und unser Geist nun in der Höllen wohnen kann ohne Brennen, weil er sich allezeit, wie zuvor in den untersten Theilen der Seelen im finsteren Gemüth (welches die große Tiefe heißet) gebären und anzünden muß, welches geschiehet in allen Gebeten, so oft der Seelen-Wille sich in Gott einführen will, und die Begierde erwecket, welche mit ihrem Anziehen der Stachel der Finsterniß in den Eßentien machet, davon die Eßentien in solche große Unruhe kommen, und sich aus dieser grausamen Tiefe, worin sie gerathen, schwingen wollen, und doch kein Entfliehen ist, weil Christi Tod darin stehet, wie gedacht;
Anfang des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird:
Dies ist das große Angst-Rad, welches sich aus der Finsterniß ausgebieret, {...}

*) verbum fiat = das göttliche Schöpfungswort ("es werde...")
**) Turba = Turba Philosophorum, einer der ältesten lateinischen Texte der Alchemie
***) spiritus mundi = der Weltgeist, Begriff aus der Alchemie

Donnerstag, 20. Februar 2020

Seite 9 - Die himmlische Sophia























{Rest des letzten Satzes von Seite 8: ohne dass die Sinne einige Würkung mit haben, als nur im formalen Gebet, da sich der Geist in Sinnen und Gemüth in ein Auge zusammen faßet, und in Gott eingehet.}

Die Praxis wird den schönen Gottesdienst in der Kraft zeigen p.
d.d. 14. Augst. 1707

Dieser süße Liebes-Schmack wird auch einen Gott angenehmen sanften Lichts-Hunger erwecken, worauf alle Facilität im Geist des Gebets soll folgen, daß der Stachel in den gebärenden Eßentien sich in ein sanftes Creutz-Leben soll verwandeln p.
Hiemit sollet ihr wunderbarlich von der mühsamen Würklichkeit der Sinnen los werden, weil der Geist Gottes im Gebet Sinnen und Gemüth zusammen raffet, in ein Auge des Willens.
Dieser geformte und zusammen gerafte Geist, stehet dann gerade vor der Stirn (da zuvor die Vernunft ihren Sitz gehabt) und ist nun wiederum der erste Wille vor Anzündung der ewigen Natur im Feuer (gleich als im Anfang der Menschwerdung, auch Schöpfung; weil das ewige Wort Jesus Christus in unserer Wiedergeburt nun in allen unseren Gebeten nun Himmel und Erden schaffet) und dieser Wille ist weder Licht oder Finsterniß, denn beide Qualitäten darin in der Gleichheit liegen, aber unfaßlich, und heißet darum eine Jungfrau* die nichts gebieret.
Tiefer hinein ins Gemüth ist nun der Ort, wo die himmlische Sophia durch die Gestalten der Natur, durch Finsterniß, Feuer und Luft, im Wesen oder himmlischen Leiblichkeit sich ausgebohren, und in ihrem Spiegel Vater und Sohn, Feuer und Licht, in einem göttlichen Wesen umfaßet, und in diesem Spiegel oder Sophiam, gehet nun der Willen-Geist aus der Stirn durch Immagination ein, denn er ist der ewige Aufschließer im Menschen, und so bald er die göttliche Wesenheit also aufgeschloßen und die Sophiam in seiner Immagination hat, so zündet er weiter hinunter den Geist der feurigen Begierde, aus dem urkundlichen Seelen-Grund, mit der Weißheit an, das ist, er küßet den Geist der feurigen {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: Begierde (den ersten Feuer-Mann und Bräutigam Sophia) beides, in sich, als in seinen Brüdern, in der Harmonie des Geistes; und damit brennet die göttliche Liebe im Feuer, und steiget die nunmehro feurige Liebes-Begierde also recht aufwärts in die himmlische Jungfrau der Wesenheit, und zündet die himmlische Gebär-Mutter an, das ist, er schwängert sie mit seiner starken Liebes-Flamme, und führet sein und der Brüder Anliegen in die Mutter ein.

*) Jungfrau Sophia =  Begriff der christlichen Esoterik, bezeichnet den von niederer Begierde befreiten Astralleib, das Geistselbt.

Donnerstag, 13. Februar 2020

Seite 8 - Der himmlische Haus-Vater























Rest des letzten Satzes von Seite 7 {...}: 
{Der gläubige Gebärer in Sonderheit wenn das Objectum durch Gutthat der Seelen Tinctur oder Saamen des Lichts geräget [gereget], hat Macht hier in die ewige Hütten aufzunehmen, da des Bruders Seele denn} nun eine ewige Wohnung gefunden hat, verstehet im Feuer-Himmel des Gebärens: Dieser kann auch mit ihr die Pforten der Jungfrau des Hertzens Gottes oder dritten Himmels durchgehen, sobald die Seele im Feuer Schulrecht gethan; und die äußere Creatur den Versucher im Fleisch abgeschlagen hat; sonst nimmt die Jungfrau keinen Geist ein, es muss die Seele nur im Feuer-Grund bleiben, bis sie dermaleinst die Gradus des Feuers durchgegangen, und so dünn worden als ein Licht p.

Das Beten ohne Unterlaß, gehöret auch in diese Angst-Cammer, dem strengen Mann des Vaters Natur im Gemüth immerdar die Liebe einzuführen, denn diese ist seine Speise, welche er gerne ißet, und davon in großer Sanftmuth und Wonne brennt. Aber die Seele muss ihre Immagination nicht ins Vaters Feuer setzen, sondern in die Jungfrau der Weißheit Christum einführen. Diese ist und fürträg-lich und erlaubet zu sehen, und in ihr sind wir dem Vater angenehm; außer Christo wird die Seele vom Feuer-Grund verrücket p.

El. gedenket an Br. P. eurer vorigen Übung von dem stillen müßigen Gebet in der Freiheit. Dieses ist der Gemüths-Stand, und das stehen am Markte, so lang uns Niemand gedinget, dahero die Arbeit des Geistes auch nur Accidental ist, und von keiner Dauer. So bald wir aber vom himmlischen Hauß-Vater gedungen, sind wir denen himmlischen Gesetzen der göttlichen Freiheit außer Natur unter-worfen, dürfen von der Arbeit nicht aus, und spatzieren gehen, und da wir ja verpausen, ist alles in und bei Hause.
Die meiste Schwirigkeit aber ereignet sich bei Anhebern in dem sinnlichen Grunde, worin die geistliche Arbeit gantz nicht, sondern stehet inwendig im Gemüth; man kann aber Niemand weiter führen, als sein instehend Gewächs ist, bis sich die Eigenheit abgewürget.
Die Liebe facilitiret* den Weg sehr, und versetzet unseren Geist aus uns selber in Gott, da dann die gemüthliche Arbeit natürlich dem Geiste wird, da der Mensch gehend und stehend, stets in Gott wandelt oder betet, {Rest des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird: ohne dass die Sinne einige Würkung mit haben, als nur im formalen Gebet, da sich der Geist in Sinnen und Gemüth in ein Auge zusammen faßet, und in Gott eingehet.}


*) fazilitieren = vereinfachen, leichter machen

Dienstag, 11. Februar 2020

Seite 7 - Ein bußfertiger Schächer























Durch einen zwischen gekommenen Zufall, bin gehindert worden, die Briefe nacheinander abzuthun, dieweil uns ein bußfertiger Schächer (davon gegen Br. N. gehandelt) vor die Pforten des Himmels im Gemüth gekommen, worin sich unser Geist nicht fassen könne, bis nach drey Tagen die Post des abgestorbenen Jünglings wegen gekommen, da denn der nakte Wille sich mit dem Stük Papier gleichsam gekleidet, und im Feuer-Grund der Seele empfindlich gerühret, und unseren Geist ins Gebet gezogen, da so bald wir nur mit der Imagination in die Jungfrau eingegangen, ist der Seelen-Geist ausm Feuer aufgesprungen und sich wieder vor die Himmels-Pforten gesetzet, sehr empfindlich, und währete über eine gantze Stunde, ehe sich die Seele konnte in unserem Geist recht faßen, dahero sie in großer Angst und Empfindlichkeit, als eine runde Kugel, zwischen Hertz und Brust lag, in welcher Zeit wir unser Aug aus Gott nicht gewendet, und die Seele am Faden mitgehalten, als sie sich dann zuletzt in unserem Willen gefaßet, und durch die verschloßene Himmels-Pforten, als durch den Cherub, mit uns durchgerungen, und zur Ruhe eingegangen, auch von der himmlischen Mutter mit einem schönen Kinder-Hemd angezogen worden, also daß die Seele die göttliche Kraft faßet und in der Mutter Schooß sich erquicket.
Gott ewig Lob, der seine ewige Hütten in unserem Geist aufgeschloßen, daß wir nicht nur darin eingehen, und die schönen Gottes-Dienste anschauen mögen, sondern auch andere würdige Seelen mit uns da hinein führen, und auf Gottes Altar stellen können. p.
d.d. 20. Nov. 1707 an Stedr.

Das Beten füreinander ist, daß die Seele in die Arme ihrer Begierde ihres Bruders Geist einfaßet und durch die ernste Pforten durchführet und unserer l. [lieben] Mutter der Weißheit Christo aufgeopfert, oder eingebieret.
Hier stehet Paulus in der Geburts-Arbeit.

Anfang des letzten Satzes, der auf der nächsten Seite beendet wird:
Meine Kindlein, die ich mit Schmertzen gebäre, bis Christus eine Gestalt in euch gewinne.
Der gläubige Gebärer in Sonderheit wenn das Objectum durch Gutthat der Seelen Tinctur oder Saamen des Lichts geräget [gereget], hat Macht hier in die ruhige Hütten aufzunehmen, da des Bruders Seele denn {...}

Freitag, 7. Februar 2020

Seite 6 - Hunger im Land des Lebens























Rest des letzten Satzes von Seite 4 {...}: 
{Wenn nun die Eßentien in einem Liebeswillen stehen, und sich vertragen, so kann der Seelen-Mund ohne Mühe eßen, und ist das Gebet kräftig und kurtz, dafern aber die Lebens-Gestalten in einem wiederwärtigen Hunger stehen, und sich mit und unter einander würgen, davon entsteht Angst in der Seelen, dass sie sich aus dem Zornfeuer heraus ziehen muß,}
(denn Gott keinen Teufel einläßet), bis sie mit dem Liebe-Hunger oben treibet: als dann erreichte sie Gottes Wesenheit, als die Jungfrau, und ißet von ihrer Speise, wie ein Kind der Mutter Brüste, obwohl dieses letzte ein thierisch Eßen ist, darum man die Prinzipia unterscheiden muß. Im Inneren ist alles heilig und lauter Kräfte.

Die letzte Art des betens gehet nicht kurtz zu, sondern verziehet sich Stunden lang, denn das Gemüth nicht ledig von Gott scheiden kann. 
Der Teufel hat durch sein Zornziehen zuvor einen Hunger ins Land des Lebens gebracht gehabt, so die allertapfersten Streiter auch getroffen, welchen ihr Saame nicht wachsen wollen, in solcher kümmerlichen Zeit: allein weil sie Josephs Vorrats-Häuser von himmlischen Güter in sich haben, hat sie Gott ernähret, dass sie von ihrer himmlischen Wesenheit eßen, und mittheilen können. 
In all welcher Zeit kein Gemüth auf grünen Zweig kommen könne, sondern weil die Gebete verkehrt gelaufen, allen Muth weggeworfen: Weil aber nun der angenehme Tag erschienen, so schlafet nicht, lieben Brüder, sondern sammlet euch einen Schatz, weil es Tag ist, denn die Zeit des Findens deßen was verloren war, ist gefunden worden, sagen wir mit Böhm* hochtheuer: es ist kein Tand. Ein Jeder merke auf seine Sache p.
d. 1. Aug. 1706. p.

Wir sollten in der Materie vom Gebet auch handeln, ob darin äußere Worte nöthig? Allein wer den obigen Methodum in sich verstehet, der wird bald finden, daß die Angst-Cammer alle bildliche Worte des Menschen in sich verschlinget; denn die Worte stehen in der Zeit, der Geist des Menschen aber in diesem Statu in der Ewigkeit. 
Warum sich das ängstliche Gemüth nicht zu quälen hat, daß es keine Worte mehr formiren kann, und sich über die Arbeit der Seelen, welche nicht fatigiret, keine verdrießliche Marter anthun darf. Wer aber die Gabe des inneren Gebets noch nicht hat, der übe sich so gut er vermag; denn er hat kein Gesetz, befleißi-ge sich aber, dass er still bei sich bete, in der Verborgenheit, und bei geschloßenen Thüren, ohne Geschrei von Menschen, welches Heuchelei p.

d. 1. Aug. 1706. p.

Anmerkung:
*): Jakob Böhme, 1575-1624, deutscher Philosoph und Mystiker